Das war's: 30 Jobs in 180 Tagen
Was habe ich (über mich) gelernt?
Voller Vorfreude, Energie und Aufregung ging es im September aus Stralsund ins Allgäu. 30 Jobs in 180 Tagen lagen vor mir, also 30 Unternehmen kennenlernen, 30-mal freitags nicht auf Montag warten können... ihr erinnert euch, das waren meine Überlegungen zum Start der Jobchallenge und seitdem konntet ihr auf dem Blog lesen und mitverfolgen, wie es mir dabei so erging. Doch wie sieht es nun aus, nach über einem halben Jahr Action, Berufsdschungel und vielem mehr?
Ausschlussprinzip in Sachen Berufswahl
Nach meiner Ausbildung dachte ich, Marketing wäre nichts für mich. In meinem Studium hatte ich dann auch Berufe in der Logistik, im Controlling und im Personalwesen ausgeschlossen (und mit diesem Ausschlussprinzip bereits einige Familienmitglieder in den Wahnsinn getrieben). Während der Challenge wurde mir aber klar, was wirklich nichts für mich ist: ein Job im Büro. Das lange Stillsitzen und der Computer als ständiger Begleiter schnüren mir die Luft ab. Bei meinen Jobs in der Altenpflege, in den Allgäuer Werkstätten oder in der Bäckerei habe ich zum ersten Mal beim Arbeiten nicht auf die Uhr geschaut, nicht den Feierabend herbeigesehnt und bin mit einem ganz besonderen Gefühl nach Hause gegangen. Nach der Arbeit ging es mir besser als vorher, weil ich einen Sinn sah in dem was ich den Tag über getan hatte, ständig von Menschen umgeben war und mit meinen Händen arbeiten durfte.
Vor der Jobchallenge habe ich einiges im täglichen Leben für selbstverständlich gehalten und nicht weiter hinterfragt. Währenddessen wurde ich für die Geschichten, die hinter jedem Menschen und jedem Gegenstand stehen, sensibilisiert. Ich glaube, ich werde Dinge nie wieder mit den gleichen Augen sehen können, z.B. weil mir bei der Frage „woher kommt der Strom“ die Antwort „aus der Steckdose“ nie mehr reichen würde. Ich möchte es genau wissen. Ich würde mir wünschen, dass jeder Mensch so eine Erfahrung wie die Jobchallenge machen dürfte. Die verändert dich und zwar nicht nur auf die beruflichen Ziele und Erfahrungen bezogen, sondern vor allem in Bezug auf dich selbst, deine Stärken und Schwächen und irgendwie das große Ganze.
„Schattenseiten: Gab es sowas?“
Und obwohl die 30 Wochen ein großes Abenteuer waren und hauptsächlich Spaß gemacht haben, bedeutete die Challenge ebenfalls 30-mal sonntags nicht zu wissen, was auf einen zukommt und das wiederum, so spannend es ist, auch ein Gefühl von Unsicherheit. Ich habe eine ganz neue Form des Jetlags erlebt (wenn man nämlich 180 Tage lang zu völlig unterschiedlichen Uhrzeiten aufsteht) und begriffen, dass mein Körper ganz schön lange braucht, um sich an den Allgäuer Winter zu akklimatisieren. Gemerkt habe ich auch, dass ein menschlicher Kopf ab einer bestimmten Menge Input einfach nicht mehr klar denken kann und, dass 800 Wörter für einen Erlebnisbericht erschreckend wenig sind. Entschuldigung damit an alle Unternehmen, bei denen nur einen Bruchteil dessen, was ich erlebt habe, seinen Weg in den Text oder ins Video gefunden hat.
Gleichzeitig hat meine Liebe für Käsebrot im Allgäu neue Dimensionen angenommen und mir wurde bewusst, dass hier ganz schön viele Nicht-Allgäuer ihr Glück gefunden haben (z.B. fließend hessisch sprechende Köche auf urbayrischen Skihütten – Sachen gibt’s). Wie es für mich weiter geht? Wir werden sehen!
Zahlen und Fakten:
Ich blicke zurück auf 30 Unternehmen, viele besondere Menschen, 17 Einladungen zum Mittagessen, eine Außenbandzerrung, einen kompletten Winter im Allgäu ohne Winterschuhe, drei bewohnte Ferienwohnungen (nacheinander), 150 hergestellte und verspeiste Pralinen, zweimal 30 Brezen kneten aber dreimal so viele essen, unendlich viele Pistenkilometer, einen mit Turnschuhen bezwungenen Klettersteig (unter Todesangst und auch nur, weil runterklettern noch schlimmer gewesen wäre), zig Liter Kaffee und einige getrunkene Halbe, zwei Übernachtungen im Wellnesshotel, eine Nacht im Iglu, keinmal wirklich bayerisch sprechen gelernt, aber alles zusammen eine einmalige Erfahrung.
Eure Annabelle, Jobhopperin